So manche Zeitung bzw. deren Online-Ausgaben titelte in den vergangenen Tagen, dass jede zweite Rente niedriger als Hartz IV sei. Laut einer Statistik der Deutschen Rentenversicherung, welche von der Bundestagsabeordneten Sabine Zimmermann (DIE LINKE) angefordert wurde, beträgt fast jede zweite Rente weniger als 700 €.
Wohlgemerkt: Hierbei handelt es sich um aktuelle Zahlen, betreffend die gegenwärtigen Rentnerinnen und Rentner, nicht um irgendeine ominöse „Renten-Lücke” in der Zukunft.
Es zeigt sich, was die bewusste Schwächung der gesetzlichen Rentenversicherung anrichtet: Immer mehr Menschen sind bereits heute von Altersarmut betroffen. Nach den vorliegenden Zahlen müssen bereits 812 000 Seniorinnen und Senioren nach dem 65. Lebensjahr sogenannten Minijobs nachgehen, um überhaupt über die Runden zu kommen – wobei die Dunkelziffer noch höher liegen dürfte.
Mit Anerkennung von Lebensleistungen, da kann Ursula von der Leyen noch soviel tönen und die CDU das lächerliche Wahlversprechen einer „Zuschuss-Rente” [pdf] machen, hat dies schon lange nichts mehr zu tun. Vielmehr handelt es sich um eine eiskalte Enteignung (berufs-)lebenslang in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlter Beiträge und eine Herabwürdigung eben jener Lebensleistungen, welche von der heutigen Rentnerinnen- und Rentnergeneration erbracht wurden. Frei nach dem Motto: Alter muss man sich leisten können, wer kein Vermögen anhäufen konnte ist selber schuld!
Immer wieder sollte sich vor Augen gehalten werden, wer für die Schwächung der gesetzlichen Rentenversicherung verantwortlich ist: CDU/CSU, SPD, FDP, GRÜNE. Jede dieser Parteien hat in den vergangenen 20 Jahren dieses Land regiert, in unterschiedlichen Koalitionen. Noch jede Bundesregierung seit Anfang der 80er Jahre hat die gesetzliche Rente gezielt geschwächt. Erinnern wir uns: Im Jahre 1980 betrug das Netto-Rentenniveau (vor Steuern) ganze 57,6%. Unter der Regierung Kohl ging es dann langsam bergab.
Eine dramatische Verschlechterung erfuhr das gesetzliche Rentenversicherungssytem dann ab dem Jahre 2001, ausgerechnet unter einer rot-grünen Bundesregierung. Mit dem Altersvermögensergänzungsgesetz wurde die berüchtigte Riester-Rente eingeführt, gekoppelt an eine entsprechende Veränderung der Rentenformel („Riester-Faktor”), welche bis zum Jahre 2013 eine Absenkung des Rentenniveaus um 4% verursacht hat. Begründung hierfür war, dass Beitragszahlerinnen und Beitragszahler entlastet werden müssten, da sie zusätzliche Aufwendungen für „private Altersvorsorge” hätten. Dass diese privat aufzufangende Renten-Lücke erst durch die Absenkung des Rentenniveaus entstanden ist, ist dabei eine durchaus gewollte Absurdität. Den damaligen Arbeits- und Sozialminister Walter Riester (SPD), Erfinder der gleichnamigen Rente, wird dies freuen: Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag hat er am 01. Oktober 2009 als hochdotierter Aufsichtsrat bei der Union Investment-Gruppe angefangen, einem der größten Anbieter privater Rentenversicherungen in Deutschland.
Mit dem Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz von 2004 erfolgte dann ein weiterer Anschlag auf die gesetzliche Rentenversicherung: Durch Einführung des wohlklingenden „Nachhaltigkeits-Faktors” in die Rentenformel wurde quasi gesetzlich bestimmt, dass das Netto-Rentenniveau bis zum Jahre 2030 auf nur noch 43% gesenkt werden soll, damit die Höhe der Beiträge keinesfalls über 20-22% steigt. Somit wurde die Rentenversicherung von einem leistungsorientierten Versicherungssystem (Ziel ist ein bestimmtes Rentenniveau) in ein beitragssatzorientiertes Versicherungssystem (der Beitragssatz entscheidet über die Höhe der Rente) umgestellt. Grundlage dieser Entscheidung war das langjährige Jammern von Arbeitgeberverbänden, in Deutschland seien Sozialabgaben und damit Lohnkosten zu hoch. Entschlossen packte die damals sozialdemokratisch geführte Bundesregierung dieses Problem an: Für die Profitinteressen der Wirtschaft, zulasten der großen Mehrheit der Bevölkerung.
Die Große Koalition schließlich beschloss 2007 ein Gesetz, welches Millionen zukünftiger Rentnerinnen und Rentner nicht nur viel Geld kosten wird, sondern etwas viel wertvolleres: Lebenszeit. Seit Februar 2012 steigt die Regelaltersgrenze für den Eintritt in den Rentenbezug für alle nach 1947 geborenen kontinuierlich an. Im Jahre 2031 schließlich soll die Rente mit 67 Realität sein, wenn nicht bereits vorher eine noch höhere Altersgrenze eingeführt wird. Treffen wird dies alle, die nach dem Jahr 1963 geboren worden sind. Dabei geht niemand ernsthaft davon aus, dass die meisten Menschen tatsächlich bis zum 67. Lebensjahr arbeiten. Vielmehr soll durch die Erhöhung des Renteneintrittsalters erreicht werden, dass immer mehr Erwerbstätige frühzeitig in Rente gehen und entsprechende Abschläge in Kauf nehmen müssen.
Die einzige Partei in Deutschland, welche sich für eine grundsätzlich andere Rentenpolitik einsetzt, ist DIE LINKE. Hierzu ein entsprechender Auszug aus dem Bundestagswahlprogramm:
- Das Sicherungsniveau der gesetzlichen Rente muss wieder auf 53 Prozent erhöht werden, damit der Lebensstandard im Alter gesichert werden kann und die Renten für alle spürbar steigen. Die Voraussetzung dafür ist, dass die seit der Agenda-Politik eingeführten Kürzungsfaktoren aus der Rentenformel gestrichen werden.
- Wir wollen die Solidarität in der Rentenversicherung stärken: Zeiten niedriger Löhne, der Erwerbslosigkeit, Kindererziehung und Pflege müssen deutlich besser abgesichert werden, damit sie nicht zu Armutsrenten führen. So sollen unabhängig vom Geburtsjahr des Kindes Müttern oder Vätern drei Jahre Kindererziehungszeiten in der Rente angerechnet werden.
Genau folgende Punkte verdeutlichen, dass DIE LINKE ihr Rentenkonzept – im Gegensatz etwa zu denen von CDU und SPD – auch tatsächlich finanzieren könnte:
- Alle Erwerbseinkommen müssen in die Rentenversicherung eingehen – auch die von Selbständigen, Beamtinnen und Beamten, Politikerinnen und Politikern. Beitragsbemessungsgrenzen sind aufzuheben, die Rentenhöhe ist abzuflachen.
- Wir wollen die Möglichkeit schaffen, die in Riester-Verträgen erworbenen Ansprüche auf die gesetzliche Rente zu übertragen.
Weiter im Auszug:
- Die Rente erst ab 67 muss abgeschafft werden – ohne Wenn und Aber. Jede und jeder muss wieder spätestens mit 65 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen dürfen.
- Nach 40 Beitragsjahren – einschließlich gleichgestellter Zeiten – wollen wir einen abschlagsfreien Einstieg in die Rente schaffen. Das soll bereits ab dem 60. Lebensjahr möglich sein.
- Der Zugang zu den Erwerbsminderungsrenten muss erleichtert werden, die Abschläge wollen wir streichen.
Um die drohende Altersarmut zu verhindern, müssen die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt erheblich verbessert werden. Die Menschen können nur dann ausreichende eigene Rentenansprüche erwerben, wenn es genügend gute Arbeitsplätze mit gutem Lohn oder Gehalt gibt, insbesondere betrifft dies Frauen, die den größten Teil der zu Niedriglöhnen Beschäftigten ausmachen. Auch brauchen wir genügend öffentliche Angebote zur Kindererziehung und zur Pflege von Familienangehörigen. Die Rente muss den Lebensstandard im Alter sichern und Armut zuverlässig verhindern. Eine solche Rentenpolitik ist machbar und bezahlbar, wenn das gesetzliche System gestärkt wird und die Unternehmen wieder gleichmäßig an den Kosten der Alterssicherung beteiligt werden.
- Die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung müssen paritätisch von den Beschäftigten selbst und den Unternehmen bzw. Auftraggeberinnen und Auftraggebern finanziert werden. Das gilt für alle Erwerbstätigen. Die Beitragshöhe soll sich nach dem angestrebten Sicherungsziel richten und nicht nach der Zahlungswilligkeit der Unternehmen.
- Für einen Ruhestand in Würde und für soziale Teilhabe im Alter für jede und jeden brauchen wir einen Mindeststandard in der gesetzlichen Rente. Deshalb will DIE LINKE eine Solidarische Mindestrente einführen. Diese speist sich zum einen aus den eigenen beitragsbegründeten Rentenansprüchen und zum anderen aus Steuermitteln für diejenigen, deren Einkommen und Vermögen zu einem Leben unterhalb der Armutsgrenze führen würden. Daher setzen wir uns in der kommenden Wahlperiode für eine Solidarische Mindestrente von 1.050 Euro netto ein. Höhere Mietkosten sollen mit dem Wohngeld aufgefangen werden. Sonderbedarfe z. B. für chronisch Kranke, Menschen mit Behinderungen werden im Rahmen der Solidarischen Gesundheitsversicherung gewährt.
Insbesondere der letzte Punkt wird eine der zentrale Forderung unserer Wahlkampagne sein: Die Einführung einer Solidarischen Mindestrente von mindestens 1 050 Euro, solide finanziert aus Steuermitteln (zum Steuerkonzept der LINKEN und warum Monatseinkommen unter 6 000 Euro entlastet werden würden, später mehr). Nur so kann heutige und zukünftige Altersarmut wirksam bekämpft werden. Nur so würden Lebensleistungen anerkannt und ein Alter in Würde garantiert werden.