Titelblatt der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein

Soll ein Gottesbezug in die Landesverfassung?

Seit einer größeren Reform der schleswig-holsteinischen Landesverfassung im Oktober 2014 (siehe hier) schwelt eine Debatte darüber, ob in der Präambel ein sogenannter Gottesbezug formuliert werden soll – ähnlich wie dieses im Grundgesetz der Fall ist. Bei der damaligen Abstimmung gab es für einen solchen Vorschlag keine Mehrheit.

Von den Anhängerinnen und Anhängern einer Gottesanrufung in der Landesverfassung wurde eine interreligiöse Volksinitiative gestartet, welche inzwischen mehr als 40.000 Unterschriften gesammelt hat und somit den Landtag zu einer erneuten Befassung mit dem Thema verpflichtet. Dieses ist jetzt geschehen. Eine fraktionsübergreifende Gruppe von 31 Abgeordneten brachte hierfür einen Antrag ein (Drs. 18/4107), der folgenden Text an den Anfang der Landesverfassung stellen möchte:

In Achtung der Verantwortung, die sich aus dem Glauben an Gott oder aus anderen universellen Quellen gemeinsamer Werte ergibt, …

Unterstützerinnen und Unterstützer dieser Formulierung finden sich in allen Fraktionen, außer bei den Piraten, welche geschlossen auf eine klare Trennung von Kirche und Staat pochen. Als mehrheitlich gegen eine solche Verfassungsänderung werden ebenso die Abgeordneten der Fraktionen von FDP, Bündnis90/Die Grünen und SSW eingeschätzt. Die CDU-Fraktion ist geschlossen für einen Gottesbezug (der ehemalige Ministerpräsident Peter Harry Carstensen ist einer der Initiatoren der Volksinitiative). Innerhalb der SPD-Fraktion sind die Auffassungen sehr unterschiedlich.

Voraussichtlich im Juni wird endgültig über den Gottesbezug abgestimmt. Für eine solche Verfassungsänderung ist eine 2/3-Mehrheit von mindestens 46 der 69 Landtagsabgeordneten notwendig. Alle Fraktionen haben erklärt, für diese Abstimmung den „Fraktionszwang” aufzuheben. Sollte es dann keine Mehrheit für den Gottesbezug in der Landesverfassung geben, hat die Pro-Initiative die Möglichkeit durch Sammlung von 80.000 Unterschriften ein Volksbegehren zu starten, welches in einer Volksabstimmung über diese Frage münden würde.

Innerhalb unseres Landesverbandes der LINKEN ist die konkrete Frage – Gottesbezug in der Verfassung, ja oder nein – bisher nicht abschließend diskutiert. Dieses mag daran liegen, dass DIE LINKE immer für eine klare Trennung von Religion und Staat eingetreten ist, eine größere Diskussion sich also erübrigt. Dieses kann aber auch nicht einfach vorausgesetzt werden: Religion ist eine sehr private Angelegenheit.

In der Partei DIE LINKE insgesamt ist das generelle Verhältnis zwischen Religionsgemeinschaften und Staat gerade Gegenstand ein größeren Debatte: Für den Bundesparteitag Ende Mai liegen zwei Anträge mit verschiedener Zielrichtung vor, welche sich mit diesem Themenkomplex befassen. Im Blog der Bundestagsabgeordneten Halina Wawzyniak ist ein lesenswerter Artikel über die Linien dieser Diskussion zu finden.

Ich persönlich bin strikt gegen jedwede religiöse Formeln in der Landesverfassung. Ein Bekenntnis zur Universalität der Menschenrechte und zur Verantwortung vor gegenwärtigen und zukünftigen Generationen (so wie es jetzt in der Verfassung steht) schließt als Wertebasis sowohl alle Gläubigen aller Religionen sowie auch alle religionsfreien Menschen ein. Dieses wäre bei einer – wie auch immer formulierten – Gottesformel schon deswegen nicht der Fall, weil es die Zugehörigen von Glaubensbekenntnissen, die ohne ein übernatürliches Wesen auskommen (z.B. Buddhismus) oder aber davon mehrere haben (z.B. Hinduismus), eben nicht mit einschließt. Und auch von Leuten mit solchen religiösen Bekenntnissen gibt es in Schleswig-Holstein mindestens einige tausend.

Grundsätzlich würde ich es aber begrüßen, wenn diese Frage tatsächlich in einer Volksabstimmung entschieden wird (so wie es für alle Verfassungsänderungen sein sollte). Dann werde ich mich dafür einsetzen, dass sich DIE LINKE für ein klares Nein zum Gottesbezug ausspricht.

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