Durch die Digitalisierung verändert sich die Arbeitswelt, die gesamten Lebensbedingungen. So profan diese Erkenntnis inzwischen ist, Antworten auf entscheidende Zukunftsfragen bleibt die Politik weitgehend schuldig. Wie geht die Gesellschaft damit um, dass viele Berufsbilder (vor allem im Dienstleistungssektor!) in näherer Zukunft verschwinden werden? Was bedeutet es für den demokratischen Diskurs, dass Information und darüber Meinungsbildung sich immer stärker in den „Filterblasen“ sozialer Medien bewegen und eine schärfere politische Polarisierung erzeugen? Wie Kinder und Jugendliche abseits eines „früher war alle besser“ auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorbereiten?
Auf alle diese Fragen bleibt auch der Antrag der FDP (Drs. 18/4850), welcher die Debatte im Landtag auslöste, weitestgehend Antworten schuldig. Statt einer tatsächlich aufeinander abgestimmten Agenda wird eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen vorgeschlagen. Verkehrt wäre an vielen dieser Einzelmaßnahmen wenig. Erstaunlicherweise fordert die FDP (!) sogar ganz oben in ihrem Antrag, Netzneutralität gesetzlich festzuschreiben. Immer wenn diese wichtige Forderung von links kam, war häufig von „Wirtschaftsfeindlichkeit“ die Rede – immerhin laufen alle deutschen Telekommunikations-Konzerne Sturm dagegen, weil sie sich durch ein 2-Klassen-Internet erhebliche Einnahmen erwarten. Geradezu sozialistisch mutet die nächste Forderung der Freidemokraten an: Aufnahme von „digitaler Teilhabe“ als Bürgerrecht ins Grundgesetz. Fordert DIE LINKE auch seit ihrer Gründung, was genau die Liberalen darunter allerdings verstehen, wäre die spannende Frage.
Weiter unten im Dokument wird dann allerdings wieder viel deutlicher, wer Urheber dieses Antrages ist: So werden „flexible Arbeitszeitmodelle“ (also nichts andere als die Entgrenzung von Arbeitszeiten) gefordert, sowie der „Abbau von Hemmnissen für einen freien digitalen Waren und Dienstleistungsverkehr“ innerhalb der Europäischen Union. Wer die Debatte um die europäische Datenschutzrichtlinie kennt, weiß, dass damit u.a. der Abbau „wirtschaftlich hinderlicher“ Datenschutzbestimmungen gemeint ist.
Zumindest etwas zielführender, weil auf den Schutz der Grundrecht in der digitalen Welt fokussiert, war der Änderungsantrag (Drs. 18/4883) der Piratenfraktion. Tragisch allerdings, dass sie augenscheinlich ihre angebliche Kernkompetenz nicht mehr selbst in den Vordergrund stellen können, sondern nur noch auf die Vorlage anderer reagieren.
Die Regierungskoalition wies das Ansinnen einer digitalen Agenda für Schleswig-Holstein zurück, da die „sehr, sehr großen Chancen“ (Zitat Albig) der Digitalisierung von der Landesregierung bereits aufgegriffen worden sein. Als Erfolg wurde genannt, dass jetzt die Personalakten aller Landesbediensteten digitalisiert würden.
Was alle derzeit im Landtag vertretenen Parteien haben vermissen lassen: Die Beschäftigung mit der soziale Dimension des digitalen Wandels. Wenn man diesen nicht politisch gestaltet, besteht die große Gefahr, dass am Ende viele Menschen auf der Strecke bleiben. Hier reichen auch ein bisschen Home-Office hier und ein wenig elektronisches Verwaltungshandel dort als Antworten bei weitem nicht aus. Gut, dass aber der nächsten Wahlperiode mit der LINKEN wieder Leute im Landesparlament sitzen, die sich mit solchen Fragestellungen beschäftigen!