Ohne weitere Aussprache hat der Landtag heute den zweijährlichen Tätigkeitsbericht des Unabhängigen Landeszentrum Datenschutz (ULD) zur Kenntnis genommen. Offensichtlich sahen die Abgeordneten keine Veranlassung, über eines der zentralen Themen unserer Zeit zu debattieren.
Dabei ist der Bericht wieder spannende Lektüre: Zwar steht Schleswig-Holstein im Vergleich mit anderen Bundesländern in Sachen Datenschutz einigermaßen gut da – allerdings gibt es natürlich auch hier Defizite, mit denen sich die Politik beschäftigen sollten (man darf die Hoffnung ja nicht aufgeben). Immerhin gibt das Datenschutz-Zentrum sehr klare Handlungsempfehlungen, welche sich ohne große Mühe gesetzgeberisch umsetzen ließen.
Einige krassere Fälle seien hier beispielhaft genannt:
„Falldatei Rauschgift“ – Eigentlich müssen in dieser Datenbank der Landespolizei Datensätze über Personen, welche im Zusammenhang mit dem Betäubungsmittelgesetz straffällig geworden sind, nach spätestens fünf Jahren (in besonderen Fällen zehn Jahren) gelöscht werden. Tatsächlich wurden aber bei einer Überprüfung auch Datensätze festgestellt, die über 20 Jahre alt waren. Mehr als ein Drittel der erfassten Fälle lagen über zehn Jahre zurück. Schlimmer noch: Es wurden auch zahlreiche Personen erfasst und in der Datenbank gespeichert (auf welche die Polizei bundesweit Zugriff hat), welche nie darin hätten landen dürfen, etwa weil nur geringfügige Vergehen vorlagen.
Weitergabe von Familienfotos an den Urheberrechtsverband GVU – Bei einer Hausdurchsuchung hat die Polizei allerlei beschlagnahmt, darunter auch die Speicherkarte aus einer Kamera, welche dem Beschuldigtem gar nicht gehörte. Diese wurde dann zur „Auswertung“ an die Gesellschaft für Urheberrechtsverletzungen e. V. weitergegeben, einem privaten Verein, der im Auftrag der Film- und Spiele-Industrie quasi als Privatdetektiv gegen mutmaßliche Urheberrechtsverletzer ermittelt. Schon bei einer kurzen Durchsicht der Speicherkarte hätte auffallen müssen, dass auf dieser keinerlei ermittlungsrelevante Daten vorhanden waren.
Unnötige Datenerhebung bei Sozialbehörden – Offensichtlich hat es z. B. bei Jobcentern wieder zahlreiche Fälle gegeben, wo unzulässigerweise Daten über Betroffene erhoben und gespeichert wurden. In einer umfangreichen Auflistung stellt das Datenschutz-Zentrum klar, was die Sozialbehörden dürfen und was nicht.
Videoüberwachung – Die zahlreichsten Beschwerden erhält das ULD allerdings aufgrund der um sich greifenden Videoüberwachung. Hier wird auf verschiedene Fälle eingegangen und diese datenschutzrechtlich bewertet. Etwa die zahlreichen Webcams an Schleswig-Holsteins Stränden, die eben nicht nur die Schönheit der Küstenlandschaft ins Internet streamen, sondern häufig genug auch Persönlichkeitsrechte verletzen. Oder Überwachungskameras in Schwimmbädern, die oft viel zu viel aufzeichnen. Insgesamt ist das ULD einer Ausdehnung von Videoüberwachung eher kritisch gegenüber eingestellt. Dem kann ich nur beipflichten.