In Zukunft sollen also Barauszahlungen von Arbeitslosengeld an Supermarktkassen erfolgen. Als Begründung gibt die Bundesarbeitsagentur an, die bisherige Auszahlung über selbstbetriebene Kassenautomaten seien zu teuer.
Tatsächlich erfolgen solche Barauszahlungen nur in Notsituationen oder wenn kein eigenes Konto vorhanden ist. Auf jeden Fall kann davon ausgegangen werden, dass Menschen, die dieses betrifft, es auch ohne zusätzliche Stigmatisierung schon ziemlich schwer im Leben haben. Denn nichts anderes Stellt der Plan dar, dass sich Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld künftig ihre Leistung im Supermarkt auszahlen lassen sollen: eine Stigmatisierung.
Wer schon einmal in einer Schlange vor der Kasse stehend die Situation beobachtet hat, wie jemand versucht hat, mit einem Lebensmittelgutschein Einkäufe zu bezahlen, wird dem sicherlich zustimmen. Es ist kein Routineverfahren, häufig muss der Kassierer eine Kollegin (am besten noch laut quer durch den Laden) rufen, damit der Vorgangüberhaupt in der Kasse vollzogen werden kann. Derweil versinkt die Betroffene bzw. der Betroffene in Grund und Boden – gerne begleitet durch verächtliche Kommentare der weiter hinten in der Schlange stehenden. Es steht zu befürchten, dass bei einer Auszahlung von Sozialleistungen über Supermarktkassen ähnliche Situationen künftig häufiger zu beobachten sind.
Abseits von dieser unwürdigen Behandlung der Betroffenen steht allerdings noch ein ganz anderes Problem im Raum: Datenschutz. Zwar sollen die Auszahlungs-Gutscheine laut Angaben der Arbeitsagentur neutral gestaltet sein, so dass die Quelle nicht ersichtlich ist (klar, es lassen sich ja auch sonst unzählige Leute Bargeld per Gutschein an Supermarktkassen auszahlen). Spätestens aber der Zahlungsdienstleister, welcher diesen Vorgang abwickelt, wird zwangsläufig erfahren, dass es sich um die Auszahlung einer Sozialleistung handelt.
Auch hierbei kann es natürlich eine gewisse Anonymisierung geben: Auf Seiten der Arbeitsagentur wird gespeichert, wem Gutschein-Nr. 12345 zuzuordnen ist. Der Zahlungsdienstleister müsste nur erfahren, dass er den Gegenwert der Auszahlung für Gutschein-Nr. 12345 von der Arbeitsagentur erhält. Aber: Was, wenn der Gutschein dem Berechtigten vor Auszahlung gestohlen wird und sich jemand unbefugt das Bargeld abholt? Wie sind da die Haftungsregelungen? Muss die Betroffene bzw. der Betroffene gar fürchten, dass eine unberechtigte Auszahlung auf das Arbeitslosengeld angerechnet wird? Immerhin ist der Beweis, anders als bei Diebstahl einer Zahlkarte innerhalb des Gebäudes der Arbeitsagentur, wohl recht schwer zu führen. Und: Für eine Auszahlung werden künftig mindestens drei Parteien (der auszahlende Supermarkt, der Zahlungsdienstleister, die Arbeitsagentur selbst) Daten verarbeiten müssen. Überall verbunden mit der Gefahr von Datenlecks, was ja auch schon großen Internet-Konzernen passiert sein soll – und der Bundesagentur für Arbeit selbst.
Bei solchen hochsensiblen Sozialdaten ist es völlig unsäglich, dass der Staat diese aus der Hand gibt. Es ist äußerst Wahrscheinlich, dass Datenschutzbeauftragte und irgendwann auch das Bundesverfassungsgericht etwas zu diesen schrägen Plänen der Arbeitsagentur zu sagen haben werden.