Nach einer Gedenkminute befasste sich der Landtag in einer Aktuellen Stunde mit den durch die Terrormiliz „Daesh” (lesenswert: Warum man den IS lieber Daesh nennen sollte) begangenen Massenmorden in Paris.
Glücklicherweise ließ sich keiner der Rednerinnen und Redner dazu hinreißen, die Debatte um radikalislamistischen Terrorismus in Europa mit der aktuellen Diskussion um Geflüchtete zu vermengen. Einige warnten gar explizit davor, dieses zu tun. Immerhin flieht ein großer Teil der gerade auch in Schleswig-Holstein ankommenden Schutzsuchenden ja gerade vor dem Terror derselben Fanatiker, die gerade in Paris für ein Blutbad gesorgt haben.
Tatsächlich ging es in der Aktuellen Stunde um eine Frage, die ansonsten eher selten im Landtag beraten wird: Krieg und Frieden.
Während Torsten Albig (SPD) sich ungewöhnlich deutlich gegen eine mögliche Beteiligung der Bundeswehr an Militäreinsätzen im Nahen Osten aussprach, traf diese Äußerung des Ministerpräsidenten auf zum Teil heftige Kritik anderer Rednerinnen und Redner.
Daniel Günther (CDU) warf Albig vor, mit seinen Äußerungen zu meinen „dass Terror duldsam ertragen werden müsse”, um sogleich zu fordern, dass Deutschland „endlich” seine Zurückhaltung in Sachen Kampfeinsätze aufgeben solle. Auch ein Bekräftigung der CDU-Forderungen nach mehr Überwachung und mehr Polizei allerorten durfte nicht fehlen.
Ralf Stegner (SPD) durfte in seiner Rolle als Fraktionsvorsitzender sprechen und nutzte die Gelegenheit, um die Rede des Ministerpräsidenten zu relativieren: Militäreinsätze seien „nur die letzte Option”. Zugleich forderte er, keine Waffen mehr an Diktaturen zu liefern. Ob sein Parteivorsitzender, Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der erst kürzlich wieder eine große Waffenlieferung an Saudi-Arabien genehmigt hat, davon weiß?
Wolfgang Kubicki (FDP) fiel nicht mehr zum Phänomen Terrorismus ein, als diesem „mit der Waffe in der Hand” ein Ende bereiten zu wollen.
Eka von Kalben (Grüne) gelang es in ihrer Rede, sich in der Frage nach Krieg oder Frieden nicht klar zu positionieren. Einerseits hätten militärische Lösungen „die Welt nicht immer friedlicher gemacht”, anderseits müsse „jetzt auch die Sicherheitspolitik ins Auge gefasst werden”. Was immer dieses auch bedeuten mag.
Die schärfste Kriegsrhetorik in dieser Debatte kam ausgerechnet vom SSW, dessen Gruppenvorsitzender klarstellte, dass die Bundeswehr an einem Militäreinsatz nicht mehr vorbei käme. Deutschland müsse nun gegen den sogenannten IS „in den Kampf ziehen”.
Trotz einer knapp einstündigen Debatte schaffte es keiner der Rednerinnen und Redner, ein wenig reflektierter auf die Weltlage einzugehen. Kein Wort zu geostrategisch motivierten Stellvertreterkriegen, zu wirtschaftlichen Ausbeutungsverhältnissen, zu den massiven sozialen Verwerfungen gerade auch in den Ländern des Nahen Ostens. Am nächsten dran kam noch der Vorsitzende der Piraten-Fraktion, Torge Schmidt, der feststellte dass in Paris „Franzosen von französischen Staatsbürgern” ermordet worden sein. Dass dieses auch mit sozialer Ungerechtigkeit und mangelnden Lebensperspektiven für Jugendliche mit Migrationshintergrund in Frankreich zu tun haben könnte, ließ allerdings auch er unerwähnt.